Ein Kommentar von Fred Kowasch
12.08.2022
Ein paar Etagen unter der RBB-Intendanz sitzt - im Fernsehgebäude an Berliner Masurenallee - die Redaktion des investigativen Politikmagazins 'Kontraste'. Am 4. August - einem Donnerstagabend - dem Abend, als die Nachricht von Rücktritt der ARD-Vorsitzenden Patricia Schlesinger durch alle Medien ging, berichtete die Redaktion über Corona, Putin und ein Thema zur DDR-Vergangenheit. Über die Korruptionsvorwürfe gegen die eigene Intendantin - kein Wort.
Dabei war dieses Thema - seit mindestens sechs Wochen eines. Am 23. Juni berichtet erstmals das Onlinemagazin 'Business Insider' über Vorwürfe gegen die Intendatin vom Rundfunk-Berlin-Brandenburg (RBB). Enthüllung folgte auf Enthüllung - eine investigative Meisterleistung. Nur in einem ARD-Programm bekam man davon lange wenig mit. Mittlerweile sickerte jedoch durch, die millionenteure Umgestaltung der RBB-Intendantenetage war vor ein paar Jahren doch schon mal ein Thema. Intern, nach außen dran davon nichts.
Dies ist jetzt anders. Einem Dammbruch gleich kommen sie - die Meldungen, Enthüllungen, Hinweise auf die Zustände in der Chefetage vom RBB. Aber auch bei anderen Programmen gibt es Hinweise auf Patronage oder Machtmißbrauch. BR, Phoenix, NDR. Der Fall Patricia S. kann sich schnell zu einer veritablen Krise für das Öffentlich-Rechtliche System entwickeln. Wenn dies nicht schon längst geschehen ist.
In der aktuellen 'Welt am Sonntag' fordert Tom Buhrow, der Nachfolger von Patricia Schlesinger als ARD-Vorsitzender und mit einem Brutto-Jahresverdienst von 413.000 Euro an der Spitze aller ARD-Intendanten, vom RBB nun "lückenlose und transparente Aufklärung" ein. Dabei war es Buhrow selbst, der vor ein paar Jahren im Zentrum einer medienpolitischen Enthüllung stand - Tom Buhrow wegen Nebenverdiensten unter Druck. Ans Licht gebracht hatte diese veritable Affäre das Öffentlich-Rechtliche Medienmagazin ZAPP vom Norddeutschen Rundfunk (NDR). Dies war einmal. Lobenswerte publizistische Vergangenheit. Immerhin: für den 24. August ist jetzt - erstmals - ein journalistischer Beitrag angekündigt. Jetzt prüft NDR einen Film, an dem Schlesinger-Ehemann mitverdiente - Stoff dafür dürfte es derzeit reichlich geben.